Beherbergungsstatistik Rathenow

20. 03. 2015

Beim gestrigen Wirtschaftsausschuss der Stadt Rathenow wurde auch der Wirtschaftsbericht 2014 vorgestellt. Das ist ein wirklich interessantes Fakten- und Zahlenwerk.

 

An dieser Stelle beleuchten wir in den nächsten Tagen den touristischen Statistikteil. Heute ein paar allgemeine Infos sowie der Versuch einer Interpretation zu den angebotenen Gästebetten.

 

Im Tourismusbereich gibt es zumindest für den gewerblichen Bereich verlässliche Zahlen, die auch für einzelne Kommunen abrufbar sind. Bei Übernachtungen spricht man von der gewerblichen Beherbergung bei einem Angebot ab 10 Betten (bis 2012 waren es noch ab 9 Betten). Vermutlich wirkt sich das mindernd auf die gewerblichen Indikatoren aus.

 

 

 

Typische Indikatoren sind:
•    angebotene Gästebetten
•    durchschnittliche Auslastung
•    Gästeankünfte
•    Anzahl der Übernachtungen
•    durchschnittliche Aufenthaltsdauer

 

Tagesgäste werden statistisch nicht im Normalfall erfasst – wie auch? Das geht nur über eine kostspielige Beauftragung externer Dienstleister über einen längeren Zeitraum.

 

Da der Tourist aber kein unbekanntes Wesen ist, sind recht genaue Durchschnittswerte über sein Ausgabeverhalten bekannt. So erhält man zumindest für den gewerblich erfassten Gast insgesamt einen recht genauen Betrag über dessen Ausgabeverhalten.
Am Beispiel des Optikpark Rathenow werden wir zeigen, dass auch der Tagesgast seinen Teil zur Wertschöpfung beiträgt.

 

Für den Gast, der im nichtgewerblichen Bereich (z. B. einzelne Ferienwohnung – FeWo) übernachtet, gilt als Anhaltspunkt ein Faktor von 0,5 – 0,9 (z. B. zu 10 Übernachtungen im gewerblichen Bereich summieren sich noch einmal 5-9 Übernachtungen im nichtgewerblichen Bereich). Vom Landestourismusverband Brandenburg wurde 1996 bei einer gemeldeten Übernachtungszahl von 7,3 Mio. in gewerblichen Unterkünften die Hochrechnung auf ca. 14 Mio. Übernachtungsvolumen insgesamt vorgenommen.

 

Zum Thema Gästebetten:

2014 gab es 413 gewerblich gemeldete Gästebetten. Die Größenordnung besteht so seit dem Jahr 2004. In den Jahren davor waren es deutlich über 500 Gästebetten.

 

Nur mal zum Vergleich: Allein beim Tourismusverein sind über deren Gastgeberverzeichnis ca. 600 Betten im gewerblichen Bereich und ca. 100 Betten im nichtgewerblichen Bereich registriert. Darüber hinaus gibt es viele Anbieter, von denen wir nicht wissen, da diese nicht beim Verein registriert sind, sondern anderswo oder gar Selbstvermarkter sind.

 

Die statistischen Zahlen spiegeln die sogenannten gemeldeten/angebotenen Betten. Die vorhandene Kapazität ist also durchaus höher, wird aber nicht ständig vorgehalten. Schaut man sich die Jahresgänge nach Monaten an, wird dies auch deutlich.


In den 90er Jahren gab es mehr Gästebetten als heute.
Aber bereits im September 1997 (603 Gästebetten) ergab sich bezogen auf die Einwohnerzahl nur ein Wert von 20 Gästebetten je 1.000 Einwohner. Dieser Wert entsprach den deutschen Durchschnittswerten für Regionen, in denen der Tourismus eine nur untergeordnete Bedeutung als Wirtschaftsfaktor hat .
Für 2014 ergibt sich bei einer Einwohnerzahl von 24.681 zum 31.12.2014 ein Wert von gut 17 Betten je 1.000 Einwohner. Danach wäre gar nichts besser geworden!


Mehrere Hotels sind in der Vergangenheit vom Markt verschwunden. In 2014 sind inkl. Ortsteile 3 Hotels im Angebot.

 

Erklärungsversuche:
Gemäß deutschlandweitem Trend kam es ab 2002 zu einem drastischen Rückgang an Geschäftsreisen.
Das Westhavelland steht für sanften Tourismus; naturnah, Familienurlaub, abspannen.
Das Angebot an Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Pensionen ist im Durchschnitt durchaus gut.
Die klassische Klientel für diese Region orientiert sich eventuell eben zu diesen Urlaubsunterkünften.

 

Der verbleibende Nachfragemarkt lässt nicht mehr Angebot an Hotels zu.

 

Perspektive:
Das Golf Resort Semlin (Golfhotel) ist mit seinen Angeboten eindeutig spezialisiert und engagiert genug, sich mit entsprechenden Angeboten und Veranstaltungen am Markt zu behaupten.

 

Hotelangebote jenseits von „nur“ Übernachten + Essen werden über das bestehende Angebot hinaus gute Chancen am Markt haben. Ein „nur“ Standardangebot ist in der heutigen Zeit bei bestehendem Konkurrenzdruck vor Ort und am Markt insgesamt chancenlos.


Ausnahmen bestehen nur dort, wo die Nachfrage auf Grund begünstigender Faktoren (Messen, Massenveranstaltungen, „da will jeder hin“-Gründe) auch schlechte Angebote zu miserablen Preisen zulässt.
In dieser Situation sind Rathenow und das Havelland nicht und das darf auch nicht Maßstab sein.

 

Lage und das Gesamtangebot tragen wesentlich zum Erfolg bei. Wichtig! Das Angebot muss beständig kommuniziert werden. Die eigene – evtl. auch noch schlecht umgesetzte - Website reicht nicht aus.

 

Überregionale Plattformen (z. B. Reiseland Brandenburg), Schlechtwetterangebote, Saisonverlängerungseffekte, außersaisonale Angebotspakete zur Überbrückung der „Saure Gurken-Zeit“ (z. B. Aktion „Winterliches Brandenburg“ der TMB), Printmedien mit hohem Verbreitungsgrad … all dies sind Schlagworte, die aber nur dann Sinn machen, wenn das eigentliche Angebot stimmig ist. Es gibt einfach zu viele „Gute“ am Markt.

 

Stimmt das Angebot in Service und Qualität („wird man den Erwartungen gerecht und darüber hinaus“), sind auch überdurchschnittliche Preise durchsetzbar. Das Problem ist nicht das fehlende Geld. Das Problem ist das Überangebot an Durchschnittlichem!

 

„Servicequalität Deutschland„ u. a. sind eben nicht nur Worthülsen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen!

 

Am Montag geht es weiter mit der Interpretation der nüchternen Zahlen.

 

Wir wünschen ein erholsames, entschleunigtes Wochenende und ... Vorsicht beim heutigen Blick Richtung Sonne!

 

 

Bild zur Meldung: Wirtschaftsbericht 2014 der Stadt Rathenow